
Al Satwa – Im Schatten neuer Türme
Dubai, V.A. Emirate. Oktober 2008
Vor zwölf Jahren war Satwa noch ein ruhiges und angenehmes Wohnviertel, südwestlich von Dubais Altstadt gelegen, in dem fast ausschließlich einheimische Familien in kleinen, meist ebenerdigen Häusern lebten. Doch mit Dubais rasch voranschreitendem Wachstum konnte das beschauliche Viertel nicht lange mithalten. Die umliegenden Landstriche wurden immer schneller erschlossen und Satwa rückte in eine ständig zentraler gelegene Position, was einen deutlichen Anstieg der Mieten mit sich brachte. Nach und nach zogen die ersten eingesessenen Familien fort und vermieteten die Flächen weiter an Arbeitsmigranten, insbesondere an Südasiaten. Liebevoll wurde Satwa schon bald „Little Manila“ genannt. Aber Ende 2003 wurden kurz nach der Veröffentlichung des neuen städtebaulichen Vorhabensbereits die ersten Häuser abgerissen und machten Platz für das wohl ehrgeizigste Bauvorhaben des staatseigenen Entwicklers Meraas. Aus Satwas Schutt soll bis 2023 die „Jumeirah Garden City“ entstehen, die sich über insgesamt 10,2 Quadratkilometern erstrecken wird. Die Stadt innerhalb der Stadt, mit einem Investitionsvolumen von umgerechnet 73,5 Milliarden Euro, soll dann Arbeits- und Wohnstätte für 50-60.000 Bewohner bieten, dazu Park- und Erholungsanlagen und mehreren architektonische Großprojekte, u. a. einen über 1000 Meter hohen Wolkenkratzer. Zudem soll das zentral gelegene Gelände eine eigene künstliche Wasserverbindung zum Persischen Golf und Anschluss an den verlängerten Dubai Creek erhalten.
Mit dem Beginn der Abrissarbeiten zogen auch die meisten Asiaten wieder weiter und überließen viele Häuser sich selbst. Doch manche Hausbesitzer vermieteten die freigewordenen Wohnflächen an indische und pakistanische Arbeitsmigranten weiter, die nun nicht mehr umständlich aus den stadtfernen Arbeitssiedlungen herangekarrt werden mussten. Schließlich lebten sie nun ja fast auf ihrer Baustelle. Viele Häuser blieben allerdings auch unbewohnbar zurück, weil sie ohne Türen und Fenster nur noch als Müllhalde dienten oder weil sie nach dem Auszug noch in Brand gesteckt wurden. Im November 2008 mit dem Beginn der Finanzkrise kamen die Bauarbeiten dann vollständig zum Erliegen. Die großen Baustellen wurden weiträumig umzäunt und die Baukräne zu anderen Baustellen geschafft. Die Arbeiter wurden nicht mehr benötigt und es legte sich eine gespenstische Ruhe über die Flächen.
Auch 2009 blieb die Finanzsituation Dubais weiter unklar. Während die Regierung schon das Ende der Krise ausruft, wird weiterhin auf keiner der Großprojekte, einschließlich der vorgelagerten Palmen- und Worldinseln weitergearbeitet. Lediglich die Vollendung bereits begonnener Bauten sowie die Abrissarbeiten der leer stehenden Häuser in Satwa gingen weiter voran. Doch während einige noch abgerissen wurden, zogen in nebenstehende Häuser schon wieder Arbeitsmigranten aus Pakistan und Indien ein, nachdem alle Hauswände mit einem neuem Anstrich versehen wurden.