
Munshihati
Dhaka, Bangladesch. März 2014
Träge und schwer schiebt sich das dunkle Wasser des Buriganga Flusses am Ufer entlang. Viel Plastikmüll und Kunstoffreste schwimmen auf seiner Wasseroberfläche mit. Einige Meter weiter warten schon Männer in ihren schmalen Booten darauf mich über den Fluß zu setzen und winken mich zu sich heran. Kurz darauf gleitet der gondel ähnliche, hölzerne Kahn vom matschigen Flussufer vollends ins Wasser. Der Steuermann, der breitbeinig am Heck des Schiffes steht, stößt uns mit seinem langen Riemen noch einmal am Grund ab und nach einer drehenden Gleitbewegungen nehmen wir Fahrt auf.
Schnell wird der Strassenlärm auf dem Wasser schwächer und für kurze Zeit entsteht eine friedliche Ruhe, zu der nur wenige Geräusche zu uns dringen. Auf der Halbinsel Kamrangirchar angekommen scheren sich schnell viele kleine Kinder um mich herum. „How are you ?“, „Your Country name ?“ fragen mich viele interessierte Münder. Davon angelockt kommen weitere Kinder herbei gelaufen. Ihre Gesichter und Hände sind mit silber schimmerndem Metallstaub bedeckt. Als ich frage, woher dieser Staub kommt, führen sie mich zu ihrer Werkstatt. In einem kleinen gemauerten Raum stehen mehrere Drehbänke nebeneinander. Ihr konstanter Betrieb und ein lautes metallenes Krächzen erzeugen einen ohrenbetäubenden Lärm. Hinter den Drehbänken stehen Kinder und Jugendliche, die konzentriert auf ihre rotierenden Werkstücke blicken. Neben ihnen stapeln sich runde Aluminiumplatten, während sich vor ihnen frisch gefertigte Schüsseln und Schalen türmen.
Als sie mich erblicken bricht freudiges Gelächter aus. Viele wollen sofort von mir fotografiert werden und beginnen hinter den drehenden Werkbänken zu posieren. Einer von ihnen ist Masoon. Seine gefertigten Schüsseln sind kleiner als die der anderen Jungs und weil er noch recht klein ist, steht er auf einer Holzpalette um besser an die Drehbank zu kommen. Die Frage nach seinem Alter will er nicht beantworten. Mit einer gekonnten gradlinigen Bewegung spannen seine kleinen Finger eine handgroße Aluminiumplatte zwischen die Backen der Drehbank. Mit Hilfe einer Holzleiste tariert er die Platte aus und verformt sie anschliessend mit einem abgerundeten Stahlwerkzeug über ein mit eingespanntes Formmuster. Die fertige Schüssel wird ausgespannt und landet neben den anderen in einem großen Korb vor seiner Werkbank. Sofort haben Masoons Finger auch schon die nächste Platte in der Hand. Die Luft ist drückend und schwül und die unzähligen Deckenventilatoren verteilen den silbrig glänzenden Aluminiumstaub in jede Ecke und in jede Pore. Durch die kleinen Fenster kommt kaum frische Luft herein.
Auf dem Boden zwischen den ganzen Werkbänken sitzt Sayfun. Um die scharfen Kanten der frisch gefertigten Behältnisse zu entgraten hält er das Werkstück mit seinen Händen und Füßen gegen eine rotierende Schleifwalze. Zum Schutz hat er ein Tuch um seine Mittelfüße gewickelt, daß inzwischen selbst die Farbe von Aluminium angenommen hat. Seine ungeschützen Arme sind ebenso wie sein Gesicht von einem silbrigen Film überzogen.
Draußen sitzen vier Frauen unter einem Vordach und waschen den verbliebenen Schmutz von den Behältnissen bevor diese zum Verkauf an die Händler gehen.Zum Feierabend wird plötzlich alles stehen und liegen gelassen. Der Andrang vor dem einzigen Wasserhahn ist groß, denn niemand will der Letzte sein. Hastig waschen die Jungs den Aluminiumstaub von ihren Gesichtern und Armen. Andere Kinder und Jugendliche warten schon. Überall wird Cricket gespielt und begeistert mischen sich auch die Jungs aus der Aluminiumwerkstatt unter die unzähligen Spielfelder.