Kannauj

Sitzend sortiert eine Arbeiterin Rosenstengel aus einer Ladung Rosenblättern.

Die Rosen von Kannauj

Uttar Pradesh, Indien. April 2013

Morgendlicher Tau liegt noch auf den Blüten und Knospen der Rosenfelder. Bei genauerem Hinsehen erscheint im Rosenfeld aber etwas Bewegung. Zweige werden umgebogen und Hände recken sich nach den oberen Blüten, um diese daraufhin im grünen Dickicht des Rosenfeldes verschwinden zu lassen. Am frühen Morgen ist der Ölgehalt der Rosenblüten am Höchsten, deshalb winden sich die Rosenpflücker in zerschlissener Arbeitskleidung und mit großen Leinensäcken früh durch die dornigen Sträucher. Bis zu 50 Kilogramm Rosenblüten passen in einen solchen prall gefüllten Leinensack. Die hell rosa blühende Damaszenerrose wird in Indien zum Zwecke der Rosenöl Gewinnung schon seit der Zeit des Harshavardhana angebaut. Dieser indische Großkönig aus dem 7. Jahrhundert regierte damals ein Reich, das vom Punjab über Rajasthan bis an den Golf von Bengalen reichte und sein Macht- und Kulturzentrum in Kannauj hatte. Aus dieser Zeit stammen auch die ältesten Überlieferungen zur Parfume-Herstellung deren Prozedur sich bis heute kaum verändert hat. Mittlerweile sind einige der Rosensäcke in Innenhöfen ausgeleert worden und emsige vorsichtige Frauenhände trennen die Rosenblüten von den mit gesammelten Blättern und Stengeln. Anschließend werden diese in einen großer Kupferkessel zusammen mit einer bestimmten Menge Wasser gefüllt. Der Deckel wird geschlossen und versiegelt und nur durch eine kleine Öffnung kann noch Dampf entweichen. Unter dem Kessel wird ein Feuer aus gesammeltem Kuhdung entfacht, das über vier Stunden am Lodern gehalten wird. Der Dampf wird anschließend durch ein absteigendes Rohr geleitet, das in einen gekühlten zweiten, wesentlich kleineren Kessel führt. Hier destilliert der Dampf vollständig und sammelt sich als Rosenwasser am Boden des kleinen Kessels.

Zum Abend erlöschen die Feuer und die Kessel mit dem verbliebenen Rosenblattsud kühlen über Nacht aus, um am nächsten Tage mit der Kelle geleert zu werden. Der Sud findet als Düngung für Rosenfelder und als Nahrung für Nutztiere seine letzte Bestimmung. Das Rosenöl kühlt indes noch weitere 6 Stunden in dem verschlossenen kleinen Kessel. In dieser Zeit trennt sich das leichtere Öl vom Wasser und setzt sich an dessen Oberfläche ab. Unterdessen werden schon wieder die ersten gefüllten Leinensäcke angeliefert. Von März bis Mitte Mai wiederholt sich diese Prozedur fast täglich und Kannauj erscheint wie in einen leichten Rosenduft gehüllt.